Blog-Layout

Pancha Karma - Das intensive Reinigungsprogramm des Ayurveda

Gabriele Oppermann • 26. Februar 2021

Fasten auf Ayurvedisch

Der Ayurveda geht davon aus, dass Körper, Geist und Seele mit Natur, Umwelt und dem Universum in Einklang gebracht werden müssen, um ein gesundes langes Leben zu führen. Eine Pancha-Karma-Kur nach traditionell ayurvedischem Prinzip stellt diesen Einklang wieder her und erhöht die Lebensqualität nachhaltig.

Pancha Karma ist keinesfalls mit einer reinen Fastenkur vergleichbar, eignet sich aber hervorragend als Prävention, um die enorme psychische Belastungen durch die Corona-Pandemie zu kompensieren. Um dieses intensive Reinigungsprogramm namens Pancha Karma (= die fünf Handlungen) und sein Prinzip überhaupt nachvollziehen zu können, bedarf es einem kleinen Ausflug in die Welt des Ayurveda.


Ayurveda entspringt, wie das Yoga auch, den 5.000 Jahre alten altindischen Veden aus einer zunächst mündlichen Überlieferung. Ayurveda beinhaltet das Wissen des Lebens – abgeleitet aus „ayuh = Leben“ und „veda = Wissen“.
Das komplette Diagnose- und Therapiesystem des Ayurveda verfügt über eine bemerkenswerte Fülle empirischen Heilwissens. Obwohl Ayurveda von der Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannt ist, gelingt es ihm nicht in seiner Gesamtheit von der westlichen Schulmedizin mit all seinen Fassetten anerkannt zu werden. Dies ist besonders bedauerlich, liegen doch gerade in der Kombination aus Ayurveda, Schulmedizin und auch Homöopathie ungeahnte Möglichkeiten des Heilens.

Wie hängt alles miteinander zusammen?


In der modernen Medizin erfolgte eine Trennung des Geistes und der Seele vom Körper und ermöglichte eine evidenzbasiertere Medizin. Der Ayurveda bindet de3n Geist im Geschehen mit ein.


Nahrung wird auf der Zellebene im Körper zu Bewusstsein. Dieses Bewusstsein ist die Basis des Verstandes. Im Ayurveda unterteilt man die Nahrung in die drei Bereiche sattvisch, rajasisch und tamasisch:


1. Sattva steht für Bewusstsein, dem klaren Wissen: Dies beinhaltet frisches Gemüse und Obst, leichtverdauliche Lebensmitteln und manche Hülsenfrüchten. Sattva fördert Klarheit, Mitgefühl und Liebe.


2. Rajas bedeutet heiß, scharf mit viel Bewegung: Die entsprechenden Lebensmittel sind Chutneys, Pickels, die meisten Getreidesorten, manche Hülsenfrüchte. Sie schaffen einen hyperaktiven Geist mit scharfen Sinnen.


3. Tamas bedeutet schwer, träge: Zu diesem Bereich gehören Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Pilze, Knoblauch und abgestandenes Essen. Diese Lebensmittel machen den Geist träge und schwer.


Jede Form der Nahrung wirkt unterschiedlich auf das Gewebe – den "Dhatus". Es werden im Ayurveda sieben Gewebeform unterschieden, denen eine zentrale Rolle zukommt. Denn die sieben Gewebeformen halten nicht nur die Organe zusammen, sie bilden gleichzeitig auch die Eintrittspforte für Erkrankungen.


Durch die Doshas (Krankmacher), auch bekannt als Vata, Pitta und Kapha, kann es zu einer Störung der Dhatus (Gewebeformen) kommen. Man muss aber wissen, dass Nahrung zunächst in unreifes Dhatu verwandelt wird und erst später zu reifem Dhatu wird. Trifft also ein Dosha (Krankmacher) auf unreifes Dhatu (Gewebe) kommt es zu akuten Erkrankungen. Trifft ein Dosha auf reifes Dhatu kommt es zu chronischen Erkrankungen.


Um diesen wichtigen Prozess im Ayurveda besser zu veranschaulichen, hier ein Beispiel anhand des ersten Dhatu – dem Rasa Dhatu, was auch als Plasma übersetzt werden kann. Nehmen wir Nahrung zu uns, wird sie innerhalb von fünf Tagen umgewandelt in Rasu Dhatu, das Plasma. Entscheidend dabei ist nun, ob die Qualität des Rasa Dhatus abnimmt durch Vata-, Pitta- oder Kapha-Einflüsse.


Dies kann sowohl auf der materiellen Ebene, als auch auf der energetischen Ebene vorkommen und somit zu dauerhaften folgenden Erkrankungen führen:


Vata-Störungen: Trockenheit, Erschöpfung, Abmagerung – Destruktionen/Katabolismus
Pitta-Störungen: Akne, Nesselsucht, Hautausschlag, Urtikaria, Fieber – Entzündungen
Kapha-Störungen: Lymphstau, Ödem, Schwellungen – Vermehrung/Anabolismus
Dieses Beispiel zeigt, welcher großen Bedeutung der Nahrung einerseits, aber auch den Vata-, Pitta- oder Kapha-Einflüssen von außen andererseits zukommen.

Vom Winter (Vata) zum Frühling (Kapha)


Mit Blick auf das aktuell bevorstehende Frühjahr, starten wir von einem Vatazustand (Winter) zu einem Kaphazustand (Frühjahr). Der Vatazustand wird u. a. über die Eigenschaften leicht, subtil, trocken, rau, feinstofflich und kalt definiert. Der Kaphazustand wird über die Eigenschaften schwer, ölig, zäh, schleimig und kalt beschrieben. Im Winter sammeln wir durch unsere Ernährung viel Kapha im Körper an, durch den atmosphärischen Vata-Zustand wird Kapha in dieser Zeit in das Gewebe gedrückt, wo dieses verschlackt. Triefnase und Verschleimung ist stets ein Zeichen von Kapha-Überschuss und äußert sich ganz gerne im Frühjahr. Schaffen wir es nicht, den Kapha-Anteil im Rasa Dhatu (dem Plasma) zu eliminieren, wird Kapha immer stärker im Gewebe manifestiert und greift infolge dessen reifes Gewebe an und es wird chronisch oder tumorös.


Um diesen Verlauf zu stoppen und einen gesunden Zustand zu erhalten, werden die Eigenschaften, die zusammengefasst zu Vata, Pitta und Kapha wurden, über eine Intensivkur aus Körper und Geist entfernt.
Der Ayurveda sagt hierzu, dass alles – auch unsere Gedanken – Eigenschaften besitzen, die den Körper nähren oder vergiften. Jede Information, so subtil sie sein mag, hat auf unsere Gesundheit einen Einfluss.
Ein gesunder Geist mit einem gesunden Rasa Dhatu bedeutet ein gesundes und langes Leben.


Die Kur der fünffachen Handlung

Die Pancha-Karma-Kur ist eine Reinigung der fünffachen Handlung – es kommen fünf Methoden zur Anwendung, die von überschüssigem Dosha befreien. Solch eine Pancha-Karma-Kur, nach traditionell ayurvedischem Prinzip, ist nur unter therapeutischer Aufsicht durch zu führen. Sie stößt aufgrund ihrer Radikalität der Vorgehensweise nicht besonders auf Beliebtheit. Zu den traditionellen Reinigungsstufen, wie sie in den Kliniken Indiens praktiziert werden, gehören

•   Erbrechen (nur bei starker Kapha-Lastigkeit)


•    Darmreinigung (bei starker Pitta-Belastung)
•    Kräutersud oder Öleinlauf (bei starker Vata-Belastung)
•    Aderlass
•    Naseneinlauf

Die innerliche Mobilisierung der Gifte wird zusätzlich durch Massagen oder Stirnguss vor der eigentlichen Reinigung angeregt.


Um Pancha Karma auch im Westen anwenden zu können, wurden die Reinigungsstufen etwas angepasst. So wurde beispielsweise das Erbrechen durch die Reinigung des Geistes in Form von Meditation ersetzt.


Die innerliche Mobilisierung erfolgt in zwei Phasen: der Körper wird mit medizinischen wirksamen Fetten übersättigt, die sowohl innerlich als auch äußerlich verabreicht werden. Ghee, das berühmte Buttereinfett dient dabei der Sättigung innerlich. Es löst wie kein anderes Mittel pathologische Substanzen. Durch Wärmezufuhr wird der Abtransport über die Körperkanäle vereinfacht. Warum das so ist zeigt der Vergleich mit einem verklebten Grillrost: Die Klebemasse aus verbrannten Proteinen und Faserstoffen kann nicht mit Wasser gelöst werden. Man benötigt hierzu auf jeden Fall Fette und eine ordentliche Bürste, um die Klebemasse entfernen zu können.


Mahlzeiten während der Kur

Mit Beginn der Kur und seiner Gesamtdauer von optimal 5-6 Wochen wird auf leichtverdauliche, warme Mahlzeiten 3 x am Tag sehr großen Wert gelegt. Menschen mit einer Vata-Konstitution sollten dabei durchaus auch tierische Eiweiße zu sich nehmen.


Bei der veganen Reinigungskur verwende ich eine Mischung aus Avocado und Kokosnussöl, wobei damit nicht exakt dieselbe Wirkung erzielen werden kann, als mit butterreinem Fett aus Kuh- bzw. Büffelmilch (trad. indisch).
Im Anschluss an eine Pancha-Karma-Kur ist das Nähren mit den richtigen Substanzen von großer Bedeutung. Über diesen Weg wird versucht, dem Teilnehmer einer Kur nicht nur Ayurveda nahe zu bringen, sondern auch zur Gesunderhaltung seines Konstitutionstypus beizutragen.


Pancha Karma eignet sich hervorragend für chronische Erkrankungen aller Art und bedarf unter Umständen einer ein- oder zweijährigen Wiederholung. Für Gesunde hat sich eine Wiederholung nach zwei Jahren für vorteilhaft erwiesen.


Klarer Geist

Als westlich lebende Frau mit indischen Wurzeln möchte ich noch folgende Anmerkung machen: Man darf sich schon fragen, warum während der gesamten Reinigungszeremonie keine geistige Reinigung im traditionellem Pancha Karma zu finden ist. Der Ayurveda geht davon aus, dass die geistigen Reinigungen Teil eines täglichen Rituals sind und in Form von Mantren, die mit Gebeten oder Geboten vergleichbar, im Alltag integriert sind. Wie schon zu Beginn erwähnt, legt der Ayurveda sehr großen Wert auf eine Zügelung des Geistes, denn auch er ist in der Lage den Körper zu vergiften und ihn vorzeitig altern zu lassen. Der Ayurveda praktizierende Mensch muss – um ein gesundes und langes Leben zu erhalten – in seiner Verbundenheit zur Natur, Umwelt und dem Universum, sich täglich damit beschäftigen seinen Geist zu trainieren und Verhaltensregeln und ethische (sattvische) Lebensweisen einzuhalten. Sie sind vergleichbar mit den 10 Geboten, sind jedoch etwas differenzierter aufgeführt.
„Verliert der Mensch seinen Glauben (Anbindung an das Universum), wird er krank.“


Wer nach der Lebensweise handelt „Tue Gutes, dann bekommst du auch etwas zurück!“, bedarf keiner geistigen Reinigung innerhalb des Pancha Karma.


Die therapeutischen Maßnahmen der Ayurveda-Medizin sind um ein Vielfaches größer, als im Westen bekannt. Wir haben neben den ausleitenden Verfahren, die Ursachenvermeidung, die ausgleichenden Verfahren, die Psychotherapie und die spirituelle Therapie. Zu den ausgleichenden Verfahren zählt auch die Ernährung, das Verhalten und die Medikamente.


Ganz wichtig ist mir persönlich der Hinweis, dass Pancha Karma nicht mit einer reinen Fastenkur vergleichbar ist, sich aber durch die Corona-Lage und die daraus resultierenden enormen psychischen Belastungen, hervorragend als Prävention eignet. Sie ist einfach umzusetzen und berücksichtigt jede Komponente des Alltags.


von Gabriele Oppermann 7. Januar 2025
Fasten ist mehr als nur eine Diät. Ayurvedisches Fasten beinhaltet zudem die Phase der Regeneration und Stärkung. Fasten Sie mit uns - online und von Zuhause
von Gabriele Oppermann 16. September 2024
Inkontinenz ist ein ernst zu nehmendes Thema. Patienten leiden unter Schamgefühl. Eine psychosoziale Begleitung der Therapie notwendig.
von Gabriele Oppermann 5. Juli 2024
Allergien und andere entzündliche Prozesse der Haut durch Sonne und Stiche natürlich behandeln.
von Gabriele Oppermann 27. Juni 2024
Ursache des Nervensystems projiziert auf die Haut Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei der Neurodermitis, um einen entzündlichen Prozess der Haut ausgelöst durch hyperaktive Nerven. Sind nun Kortison haltige Präparate tatsächlich die einzige Lösung? Viele Betroffene kennen das Spiel mit Kortison. Kurzfristig verwendet und auch nur im hochakuten Zustand sind Kortison haltige Präparate ein Segen, weil es zur Linderung der Symptome beiträgt und somit ein klein wenig zur Erholung des Betroffenen beiträgt. Dauerhaft angewandt zerstört Kortison die Haut und ihre Schutzfunktion gegen äußere Faktoren. Meine Antwort lautet „NEIN“. Kortison haltige Präparate sind nicht die einzige Lösung, aber der einfache Weg, leider nicht zu Ende gedacht. Für jeden Betroffenen und seinen Therapeuten ist es sehr mühselig die Ursache einer Neurodermitis zu filtern, trotzdem lohnt sich der Weg, nutzt man eine andere Betrachtungsweise. Die andere Herangehensweise der Naturheilpraxis Aus meiner Sicht und meiner Erfahrung mit diesem Thema gibt es eine Verbindung zwischen dem seelischen Zustand und den äußeren Faktoren. Meist sind nur die äußeren Faktoren die Auslöser oder Trigger einer Neurodermitis, aber nicht die Ursache. Selbstverständlich ist es wichtig herauszufiltern, welche Nahrungsmittel das Thema triggern. Sie geben wertvolle Hinweise, die ein Ayurveda-Mediziner zu lesen vermag. Sind es Früchte, die über der Erde wachsen, die volle Sonne benötigen und im Sommer geerntet werden? Ist es Wurzelgemüse, das unter der Erde wächst und im Spätsommer geerntet werden kann, liegt es am Samen einer Pflanze oder an Blättern, die wir verarbeiten können? Die viralen Infektionen als Trigger einer Neurodermitis Auch ist es wichtig herauszufinden welche Infektionserkrankungen, vor allen Dingen viraler Natur der Patient im Laufe seines Lebens durchgemacht hat. Nervengängige Viren halten sich gerne versteckt im Zentralen Nervensystem und treiben dort ihr Unwesen. Unsere psychische Verfassung vor Ausbruch der Neurodermitis spielt eine große Rolle Der dritte – meiner Meinung nach entscheidende Punkt bei der Ermittlung der Ursache – ist die psychische Verfassung vor dem ersten Auftreten der Hautsymptome. Durch intensive Gespräche mit Betroffenen traten oft Erinnerungen an Angstzuständen und Panikattacken auf, die mit der Erscheinung der Neurodermitis urplötzlich aufhörten. Patienten fühlten sich trotz dem Vollbild der Neurodermitis vitaler als zuvor. Entladen sich tiefsitzende, pathogene Angstzustände über das Nervensystem auf der Haut? Eine in meinen Augen berechtigte Frage. Zuhören hilft den Körper zu verstehen und zu behandeln Die Neurodermitis hat viele Gesichter. Und auch hier hilft es dem Körper genau zuzuhören. Fühlen sich die betroffenen Stellen kalt an oder heiß? Was lindert das Hauptsymptom, wenn für den Betroffenen schwer zu filtern ist, ob es eher brennt oder juckt. Helfen eher warme Anwendungen, kalte oder heiße? Welche Konsistenz muss die Anwendung besitzen? Ist es eher fließendes Wasser, sind es beruhigende Öle oder warme Packungen. Triggert Bewegung die Symptome oder tun sie gut. Hilft fester Druck oder sorgt er für verstärkte Symptome. Die tiefen Regionen unseres Zentralen Nervensystems All diese Fragen helfen die Ursache zu finden und meist auch dauerhaft das Problem zu lösen. Eine Erkrankung wie die Neurodermitis zurück in den Körper zu drängen, birgt die Gefahr, dass tiefe Regionen des zentralen Nervensystems dauerhaft geschädigt werden und einige Jahrzehnte später das Vollbild der Parkinson-Erkrankung entwickelt wird mit deren Ausbruch 30 Jahre später kostbare Zeit verschenkt hat. Unser Körper spricht mit uns mittels Symptome, denen wir dauerhaft mehr Aufmerksamkeit schenken sollten. Lernen Sie, ihn besser zu verstehen mit Hilfe fragender und darauf spezialisierten Therapeuten. Gabriele Oppermann Stock-Fotografie-ID:1468735176
von Gabriele Oppermann 30. Mai 2024
Gesundes Leben anders verstehen
Kräuter, Tinkturen und Wissen der Heilkunde
von Gabriele Oppermann 5. Februar 2024
Der Schlüssel einer erfolgreichen Therapie liegt in der gründlichen Anamnese
von Gabriele Oppermann 25. Januar 2024
Die unkomplizierte und schnelle Diagnose des Ayurveda spart wertvolle Zeit bei chronischen, undurchsichtigen Verläufen.
Helicobacter Pylori Bakterium im Magen-Darmtrakt
von Gabriele Oppermann 16. Januar 2024
Völlegefühl, Sodbrennen, Aufstoßen können ein Hinweis auf Helicobacter Pylori sein. Als Begleittherapie ist die klassische Ayurveda-Medizin hilfreich.
natürliches Vitamin C in Früchten
von Gabriele Oppermann 4. Januar 2024
Das wasserlösliche Vitamin C bietet in der Erfahrungsmedizin und Heilpraxis Möglichkeiten der Prävention und Regeneration.
Schlafendes Kind in schöner Atmosphäre
von Gabriele Oppermann 10. November 2023
Eine Schlafstörung sollte immer medizinisch abgeklärt werden. Nach ayurvedischem Prinzip unterliegt die Schlafstörung einem Mangel auf überwiegend körperlicher Ebene.
Weitere Beiträge
Share by: